Unsere Forschung als Denk-Ansatz - eine Rezension nach unserem Einführungsseminar
Von Franz Friczewski
Vorbemerkung
Als Franz und ich uns vor einigen Jahren im Kehrwochen-Blog von Fritz B. Simon begegnet sind, kam es schnell zu einem regen Austausch, aus dem sich herzliche Freundschaft entwickelte. Uns treibt dieselben Fragen um, und unsere Antworten sind sich - trotz sehr unterschiedlicher Sprachen - sehr ähnlich. Wir schauen beide aus Blickrichtung von Evolution darauf, wie wir Menschen uns, eingewickelt in Leben, entwickeln und fragen von dort aus danach, was uns ausmacht. Beide beschäftigt mit den Potenzialen von Künstlicher Intelligenz in Symbiose mit uns Menschen, hat es nicht lange gedauert, bis wir uns das erste Mal Auge in Auge in meiner Küche gegenüber saßen und begeistert über Franzens Buchentwurf brüteten.
Franz ist ein ungewöhnlicher Mensch, der etwas kann, was sich Vielen entzieht: in Bewegung denken. Seine bildhaft-reflektierende Sprache, die sich, in sich selbst ein- und wieder rausrollend, lebendig abzubilden und weiterzuformen bemüht ist, worum es ihm geht, erschließt sich nicht gleich jedem. Doch mir war auf den ersten Blick klar, dass Franz an etwas gelegen ist, das auch mir sehr am Herzen liegt: Eine Kybernetik zu formen, die beweglich bleibt, den Beobachter voll integrierend, prozesshaft-evolutiv reflektierend statische Beschreibungen verlässt - und damit Zustandsbeschreibungen -, die nicht mehr nur Muster untersucht, sondern die sich selbst rhythmisierend fasst und die von dort aus konsequent realkonstruktivistisch-systemisch vor(an)-geht (bzw. sich rollt). Es hat mich nicht sehr verwundert, dass er mit meiner Konstruktion "Wirklichkeitsemulation" direkt und sehr menschlich etwas anfangen konnte - wie auch mit uFORM iFORM.
Sein Ringen um strukturelle Kopplung als Rhytmisieren findet sich in unseren Systembeschreibungen (Blog Systemzeit, Artikelserie "How does System funktion/operate") wieder, dasselbe gilt für sein Verständnis von strukturellem Koppeln als System(isch).
Franz eigene Blogs liefern deshalb Solitäre, geht es darum, kinästhetisches Denken in Entwicklung zu verfolgen (und mitzubekommen, wie schwer uns das fällt, wenn wir ein gewisses Alter überschritten haben und herkömmliche Bildung uns unseres systemisch-logischen Denkens beraubt hat) und auf eine Weise kybernetisch zu denken, die durchaus die Bezeichnung "3. Ordnung" verdient hat:
www.das-muster-das-verbindet.de
https://technikundmimesis.wordpress.com
Man muss sich Zeit nehmen, um Friczewski zu lesen, Komplexität auf Stufe 3 zu formen bereit sein, neue Dimensionen anlegen und sich entführen lassen. Wer hier gleich mit "Dagegen" losgeht, wird stranden. Es muss erlaubt sein, auch einmal nicht gleich zu begreifen, sondern philosophische Betrachtungen sich von innen her entwickeln zu lassen, beobachtend von mitten aus der Semiosphäre, beteiligt, und da-mit verändernd. So können wir erkennen, wie dringend wir neues Sprechen und Schreiben mit neuen Konzepten benötigen, da wir sonst in Zustandsbeschreibungen erstarren und Welt nicht gerecht werden - Komplexität reduzieren, die uns statt dessen ver- und entführen könnte - und zwar in uns selbst und unser Evolvieren hinein: aktiv, inter-aktiv, intra-aktiv: systemisch halt, ungetrennt in voll-ekstatischem Handeln-Erleben mit markierten, leeren, unbestimmten und imaginärem FORMen - und unklaren, die wir reparieren können, wenn wir können und sollten. Oder, wie Franz es nennt: mit unserer ganzen EinBILDungskraft.
Sehr gefreut habe ich mich, als Franz dann kürzlich unser Einführungsseminar "Komplexitätsorganisation" besucht hat. Ich lasse es mir nicht nehmen, seine schöne Rezension hier zu veröffentlichen:
Ich beschäftige mich schon seit längerem mit der - im Grunde uralten - Frage, wie Erkenntnis möglich ist, ohne dass wir uns von dem Schein blenden lassen, der unvermeidlich von den "Dingen" ausgeht, wie sie uns begegnen. Und die sich in dem Moment besonders dringlich stellt, in dem wir nicht nur Intelligenz in Maschinen einbauen, sondern dieses Einbauen selber noch der Maschine überlassen. Was macht das mit der Art und Weise, wie wir Welt (er)leben? Sind wir dann überhaupt noch in der Lage, zu sehen, dass wir Technik nicht nur anwenden, sondern auch von ihr angewendet werden? Wie können wir lernen, die überschießende Komplexität zu meistern, die dabei entsteht?
uFORM iFORM und Formwelt bieten aus meiner Sicht einen hierfür geeigneten Denk-Ansatz. Wir können - um den Schein zu transzendieren - lernen, unsere Begriffe "von innen" her aufzubauen - etwas, was Kant mit seiner Transzendental-Philosophie versuchte, aber nicht ganz zu Ende führen konnte, weil er sich von Technik und Sprache noch keinen expliziten Begriff machte; und was dann die Systemtheorie zweiter Ordnung noch einmal neu aufgriff, dabei aber - aus ähnlichem Grund - auf halbem Weg stehen blieb.
Langer Rede kurzer Sinn: Das Seminar hat mir, der ich ja mit dieser Thematik schon länger vertraut bin, wichtige neue Denkanstöße gegeben.
Besonders hervorheben möchte ich die wirklich erstaunliche Atmosphäre des Seminars, das eigentlich eher Workshopcharakter trug. Fragen wie die oben formulierten werden gewöhnlich eher in exklusiven Zirkeln erörtert. Hier aber sitzen promovierte Akademiker neben Menschen, die nie eine Hochschule besucht haben - und beide profitieren davon.
Eine starke Empfehlung gerade auch an diejenigen, die glauben, dass das 'zu hoch' für sie ist.