Wer jetzt viel im Homeoffice mit Telefonie und Video-Chats zu tun hat, dem fällt auf, wie viel Zeit wir nicht nur mit Sozialgeräuschen, sondern vor allem damit verbringen, unsere Kommunikation zu organisieren.
So mancher, der früher stolz mit seinem unterkomplexen Toolset herum hantiert hat, wird seine Angebote nicht mehr los, weil die Leute andere Probleme haben - und zwar nicht nur technische.Je weniger da jemand auf innere Dialoge und bekräftigende Sozialgeräusche angewiesen ist, desto eher hört man "Du meine Güte, das ist ganz schön anstrengend hier gerade.
"Es ist aber kein "Gerade" - zumindest nicht vollständig.
Der Lockdown wirkt auf Kommunikationsorganisation wie eine Lupe:
Wir sehen nur deutlicher, wie viel Zeit wir dafür brauchen, uns gegenseitig die Hände zu schütteln und was es uns kostet, anhaltend damit beschäftigt zu sein, Kommunikation zu organisieren - und sei es auch nur, dass wir darauf achten, dass es jedem im Gespräch halbwegs gut geht.
Verletzungen der kreativen FORM fallen sofort auf und ins Gewicht, und, beraubt vieler direkter Interventions- und Ausweichmöglichkeiten, zeigt sich das Kernproblem unserer Gesellschaft auf den Punkt:
Es fehlt an entsprechender Ausbildung in Reorganisation von Kognition und Kommunikation.
Es fehlt außerdem an innerer Klarheit und Ruhe, aber die wird genau durch solche Ausbildung gewonnen.
Organisationen können jetzt realisieren, dass und wie sie der Lockdown schon technisch und räumlich in die Emergenz zwingt, und es wird nicht lange dauern, bis den ersten Beratern und Managern nicht nur auffällt, dass "es ja auch von zuhause geht", sondern außerdem, dass und wie hier massiv gesiebt und Arbeitskraft eingespart werden kann. Arbeitskraft, die früher nicht als überflüssig erkannt werden konnte, weil sie viel mit der geistig-sozialen Kantine befasst war, der heute die ersten versuchen auszukommen, weil sie ihre innere Ruhe in die Knie zwingt und weil sie, mehr noch, zuhause direkt und auch indirekt übergriffig wirkt.
Direkt dadurch, dass man so manches Gespräch nicht mehr will und auch nicht mehr braucht und abzuschalten bemüht ist, weil es nervt.
Indirekt dadurch, dass sich höhere Konzentration auf das Wesentliche im Homeoffice als Anstrengung bemerkbar macht, die mehr inneren Ausgleich und mehr Freizeit erforderlich macht.
So zeigt uns Arbeiten im Lockdown momentan nicht nur die psycho-sozialen Probleme, Defizite und Herausforderungen deutlicher, sondern auch, ja vor allem, die der FORM der Reorganisation von Kognition und Kommunikation.
Der wirtschaftliche Vorteil emergenter Kognitions- und Kommunikations(re)organisation liegt auf der Hand:
Seine effiziente und effektive Nutzung hängt davon ab, wie gut und wie schnell wir begreifen, dass der Lockdown nicht folgenlos an Kommunikationsorganisation vorbei gehen wird.
Seine wirtschaftliche Konsequenz - ja die Frage, die er direkt an Unternehmen, Selbständige und Freiberufler stellt - wird Viele dazu motivieren, im nachhinein gründlich zu überprüfen, was sie hätten anders machen können. Mehr noch aber wird sich Kosteneffizienz bemerkbar machen.
Mehr denn je wird dort, wo das Unternehmen auf Kommunikationskompetenz angewiesen ist, auffallen, wer und welche Teams effiziente Reorganisation können und wer und welche Teams nicht.
Sind die technischen Probleme erst einmal bewältigt, wird auffallen, welche große Rolle KommunikationsFORMen spielen - und zwar auch und ganz besonders als Zeit- und Kostenfaktor. Das kann so weit gehen, dass weite Teile vom Campus von Organisationen für immer ins Homeoffice umgelegt werden, wo sie unter dem Druck von Kommunikationseffizienz auf ihre kreative Konzentration, den sozialen Restwert, zusammenschrumpfen werden.
Das ist sicherlich ein unangenehmes Topic, dass Unternehmen, aber auch Freiberufler und Selbständige zusehen werden, aus diesen Erkenntnissen heraus Kosten und damit Arbeitnehmer einzusparen, bzw. an Kommunikationseffizienz ihre Partner messen.
Gesamtwirtschaftlich ist es allerdings ein Vorteil, weil sich erstens neue Beratermärkte öffnen werden und weil sich zweitens daraus der Emergenz angepassteres Wirtschaften ergibt, das Unternehmen Freiräume schaffen kann, um sich leichter den Anforderungen und Herausforderungen kommender Krisen anzupassen und in ihnen neue Märkte zu öffnen.
Für kreative Menschen ist das eine gute Nachricht, da sie sich nicht mehr durch ineffiziente Kommunikationsorganisation ausgebremst sehen müssen, die ihre Fähigkeiten schon allein deshalb nicht unter die Lupe nehmen und dann in freien Lauf schicken konnten, weil sie damit befasst waren, die Kommunikationsdynamiken mit Tools aus dem letzten Jahrhundert so halbwegs am Laufen zu halten.
Eine Chance für Alle, im eigenen Kompetenzraum zu strahlen und in Emergenz weitere Chancen zu öffnen.